150’000 Franken Einsatz pro Spiel – Die schlimme Bilanz nach zwei Jahren Neuem Geldspielgesetz (Teil 2)

Im ersten Blog über die schlimme Bilanz mit dem neuen Geldspielgesetz, habe ich vor allem über Poker und den Schweizerischen Pokerverband (SPOV) geschrieben. Hier im zweiten Teil zeige ich auf, wie masslos der Schweizerische Casinoverband mit seiner Lobby vorgegangen ist, und für die Casinos alle möglichen Optionen rausgehauen hat.

Niemand dachte vor der Abstimmung zum Neuen Geldspielgesetz, dass es möglich wäre online 150’000 Franken bei einem Online Spiel aufs Mal zu setzen. Hätte man damals schon von solchen Beträgen geredet, dann hätte sich vielleicht der ein oder andere Stimmbürger dies nochmals überlegt.

Natürlich ist alles erlaubt, was sich die Casinos ausgedacht haben. Doch wie bitte soll ein solches Verhalten sich mit dem Spielerschutz vereinbaren?

  • Bis heute kann man online nicht mit absoluter Sicherheit sagen, dass hinter dem Internetnutzer vielleicht ein Kind sitzt, welches zwar unbeaufsichtigten Zugang hat und nicht mündig ist.
  • Auch wenn die ESBK durch die Auflagen bei Finanztransaktionen einen solchen hohen Einsatz ausschliesst, ist es legal. Somit kann innerhalb von ein paar Minuten und viel Pech ein Vermögen verspielt sein.

Die Rechtfertigung der Eidgenössischen Spielbanken Kommission (ESBK) ist, sehr sagen wir einmal, „diplomatisch“

Wie rechtfertigt die ESBK 150’000 Franken Einsatz pro Spiel ?

Frage: Welche Auflagen betreffend dem Spielerschutz gelten betreffend einem definierten Höchsteinsatz der bewilligten Spiele, ausser deren der Frequenz?

Auszug der Antwort ESBK: 
Artikel 30 Buchstabe c der Spielbankenverordnung EJPD legt außerdem fest, dass die Spielregeln unter anderem Angaben über die Minimal- und Maximaleinsätze enthalten müssen. Dies ist besonders wichtig bei den Rouletten-Spielen, denn bei diesen kann ein Spieler mehrere Einsätze gleichzeitig für das gleiche Spiel tätigen. Nur durch die Akkumulation mehrerer Einsätze auf verschiedene Spielkombinationen ist es möglich, den Maximal-Betrag von 150’000 Franken zu erreichen. Der Betrag von 150’000 Franken ist daher kein Maximaleinsatz wie bei einem Slot-Spiel.

Nachfrage von Martin Bertschi an die ESBK:

  • Habe ich Sie richtig verstanden, dass der beschriebene Maximaleinsatz von 150’000 CHF bei den Online Roulette Spielen, wenn dieser gesetzt wurde, nicht vollständig verloren werden kann? Wenn ja wieviel davon?

Antwort ESBK: 
Wieviel verloren geht, hängt von den getätigten Einsätzen ab. Den Maximalverlust für ein bestimmtes Einsatzmuster können Sie im Prinzip mithilfe der geltenden Regeln berechnen. Die Roulette-Regeln finden Sie überall im Internet. In der Regel spielen die meisten Online-Spieler mit kleinen Einsätzen (einige Franken). Damit jemand wirklich diesen Maximaleinsatz setzten kann, muss das betreffende Spielerkonto zuerst mit diesem Betrag aufgeladen werden und dies dürfte schon aufgrund der Auflagen zur Bekämpfung der Geldwäscherei der Spielbanken, aber auch der anderen Finanzintermediäre (Bank, etc.), nur äusserst selten der Fall sein. Der Maximaleinsatz ist daher eher als theoretische Gesamtsumme von allen möglichen Einsätzen für ein Spiel zu verstehen.

Die Opfer und wer dafür bezahlt:

Gerade in Pandemiezeiten, wo die Casinos vorübergehend schliessen mussten, boomte das online Glückspiel. So wurde auch mehr für hohe Gewinne in den Medien geworben und das Geschäft boomte sofort. Die Onlinecasinos bezahlten anfangs bis zu 50 Prozent weniger Abgaben auf den Bruttospielertrag, als die Livecasinos und die Aktionäre der Betreiber konnten sich schon am Anfang die Hände reiben.

Jährliche Zunahmen an Spielsperren (Quelle ESBK)

Jahr Neue Spielsperren Anzahl % Vorjahr Gesamt Spielsperren
2015 3’374 -3.98 % 46’468
2016 3’794 +12.44 % 50’262
2017 3’658 -3.58 % 53’920
2018 3’254 -11.05 % 57’174
2019 4’278 +31.46 % 61’452
2020 10’312 +241.05 % 72’322

Mit der Einführung des Neuen Geldspielgesetz stiegen die Spielsperren erheblich, obwohl es keine Verschärfung der Kontrollauflagen betreffend die Überprüfung von gefährdeten Personen gab. Die meisten Spielsperren werden von den Betroffenen selbst, oder aus deren Umfeld initiiert. Zudem herrschte 2019 noch keine Pandemie. 2020 waren die Casinos an vielen Tagen geschlossen und daher ist der markante Anstieg den neuen Online Glücksspielen zuzurechnen.

Wo bleibt die Politik?

Auch wenn die Schweizer Casinos vom guten Spielerschutz reden, sind sie die Verursacher der Spielsüchtigen und dies noch mehr als vor dem neuen Geldspielgesetz. Hier müsste auf der Druck der Politik, die GESPA (ex Comlot) mit der ESBK mehr regulieren.


Die schlimme Bilanz nach zwei Jahren Neuem Geldspielgesetz sieht wie folgt aus:

  • Deutlich mehr Spielsüchtige.
  • Anstieg der Pro Kopf Verschuldung auf 85’000 Schweizer Franken.
  • Fehlende Schutzmechanismen der online Casinos bei den angebotenen Spielen (Max-Einsatz Button, Wiederholungsfunktionen bei Slotmaschinen etc.)
Rang Spiel Anteil*
1. Legale online Slot Maschinen 75 %
2. Lotto (inkl. Sportwetten, Lose) 10 %
3. Andere legale online Glücksspiele (z. B. Roulette, Blackjack) 10 %
4. Illegale Angebote (über Umgehung der DNS Sperren oder Apps) 4 %
5. Online Poker < 1 %

*geschätzt nach Rücksprache mit Suchtpräventionsstellen

Ist Glücksspielsucht in der Schweiz überhaupt zu stoppen?

Solange man täglich 100’000 Schweizer Franken (siehe Banküberweisung jackpots.ch) bei gewissen Casinos einzahlen und in einem Spiel 150’000 Schweizer Franken (!) einsetzen kann, läuft etwas falsch. Die Lösungsansätze habe ich in diesem Blog «Online Glücksspielsucht Zunahme» (Link) schon einmal präsentiert.


Kein Interesse der Medien – Sie verdienen 2 Millionen Franken


Leider interessiert sich die Gesellschaft mehr für die Gewinnerwartungen in der Werbung von den online Casinos, als um die Folgen für den Steuerzahler. Solange jährliche Werbeeinnahmen von über 2 Millionen Franken generiert werden, wird auch in der Presse nichts berichtet und die schlimme Bilanz nach zwei Jahren Neuem Geldspielgesetz wird noch grösser.


Rechnungsanahme: 10’312 neue Spiel Sperren im Jahr 2020 mit der Hälfte an wirklich Spielsüchtigen, verursacht über 400 Millionen Schweizer Franken an Schulden.


Spielt verantwortungsvoll!

Cheers
Martin Bertschi