Wie das grösste europäische Casino Konkurs gehen kann

Eigentlich gewinnt das Casino ja immer! So zeigt sich dies auch mit dem neuen Spielbankenbericht der Eidgenössischen Spielbankenkommission (ESBK), dass das Casino immer gewinnt. Zu mindestens beim Bruttospielertrag (BSE), welche die Spielgewinne aus den Casino Spielen erwirtschaftet werden, ausweist. Keines des der 21 Schweizer Casinos macht dort Minus. Das Haus gewinnt immer.

Casino Konkurs, geht dies überhaupt?

Doch meistens sieht es beim Betriebsergebnis für die Aktionäre anders aus, denn sie müssen das Risiko der Betriebskosten tragen. So liegen die B-Casinos Davos (- 653‘000 CHF), St. Moritz (-589‘050 CHF) und das Casino Schaffhausen (-54‘000 CHF ) bei der Jahresrechnung im Minus. Betriebs- und Personalkosten schlagen dann auf den Reingewinn. Den Blog über den ESBK Bericht findest du hier.

21 Casinos in der Schweiz? Eigentlich sind es ja 22 Casinos. Denn das Casino Campione d’Italia ist in einer italienischen Enklave domiziliert, und terrestrisch in der Schweiz und am Luganersee im Tessin gelegen. Und doch war es eines der fünf italienischen Casinos. Als grösstes europäisches Spielcasino mit einem Bruttospielerertrag (BSE) von 92 Millionen Franken im Jahr 2016 erwirtschaftete es damals fast dreimal mehr als das Casino Lugano (34 Millionen CHF), welches gleich auf der anderen Seeseite gelegen ist.

Doch seit dem 27. Juli 2018 sind die Türen durch das Konkursamt Como versiegelt. Es geht um 132 Millionen Euro Schulden. Nichts geht mehr im Casino Campione und die steuergünstige Gemeinde Campione steht ebenfalls vor dem Konkurs, weil diese eigentlich nur durch das Casino als Einnahmequelle hatte. 30 Millionen Schweizer Franken an ausstehenden Zahlungen stehen dort alleine zu Buche. Jetzt stehen jetzt 500 Mitarbeiter und 100 Gemeindeangestellte auf der Strasse. Viele wohnen übrigens selbst in Campione. Ohne Schuldentilgung ist eine Wiedereröffnung nicht in Sicht. Und einfach ein anderes und neues Casino an diesem zollfreien Platz kann man erst wieder 2023 eröffnen. Also muss eine Sanierung des jetzigen Casinos dringend geschehen.

Campione Konkurs

Alles grösser und besser?

Als man 2007 das neue Casino Campione eröffnete, wurde alles grösser und pompöser. Das alte schnucklige zweistöckige Casino wurde abgerissen und hinten dran durfte der Stararchitekt Mario Botta mit einem Edelsteincasino von neun Stöcken wüten, das kleine 2000 Seeelendorf überragen. Es wurden mehr Betriebskosten veranschlagt, im Winter muss ja ein solches Gebäude auch ordentlich geheizt werden und zudem wurde der Personalstand beträchtlich auf 500 vergrössert, was ein Viertel ALLER(!) Angestellten in den 21 Schweizer Casinos (2017: 2029 Vollzeitstellen), bedeutet. Die Löhne der Casinoangestellten lagen zudem höher, als diejenigen ihrer Schweizer Kollegen.

Finanzhilfe aus Rom wegen Casino Konkurs angefordert

Die Mühlen in Italien mahlen etwas langsamer und so hat man auch in Rom um finanzielle Hilfe angefragt. Doch anscheinend ist man in Italien im August eher am Strand als im Büro und eine Antwort steht noch aus. Nur das Konkursamt in Como machte seinen Job und schloss das Casino Ende Juli 2018.

Wie kann also ein Casino welches im Jahr 2016 92 Millionen Franken Bruttospielertrag (BSE) erwirtschaftete, in die Schuldenfalle von 132 Euro tappen? Als Vergleich: Kein Schweizer Casino erzielte im Jahr 2016 einen solch hohen BSE. Spitzenreiter 2016, war das Casino Montreux mit 74 Millionen Schweizer Franken.

Der eigentliche Niedergang, kam jedoch mit der Aufhebung des Mindestkurses von 1.20 Franken pro Euro der Schweizerischen Nationalbank am 15. Januar 2015 und des Kursabfalls. Viele Teile des Casinos operierten in Euro. Gemäss einem Vertrag zwischen dem Casino und der Gemeinde, muss das Casino alle zehn Tage 700‘000 Schweizer Franken bezahlen. Mit dem Absturz des Eurokurses gegenüber dem Schweizer Franken, und der fast zwischenzeitlichen Parität, verteuerten sich also diese Zahlungen zwischenzeitlich um fast einen Fünftel. Mit dem Ausbleiben dieser Zahlungen kämpft jetzt auch die Gemeinde selbst, ums Überleben, auch wenn sich der Kurs zwischenzeitlich etwas erholt hat.

Weniger Gäste im 2018

Als Besucher des Casinos im Juni 2018 ist mir aufgefallen, dass es sehr wenige Besucher hatte. Die Kundenfreundlichkeit hatte sich verschlechtert, die Homepage des Casinos wurde seit Jahren nicht erneuert und wegen der finanziellen Schieflage wurden Restriktionen eingeführt, wie dass man maximal pro Tag 1500 Euro auszahlen konnte. Dies schreckt natürlich regelmässige Spieler, wie auch die teuren Hotelkosten im Umfeld, ab.

Casino Campione mit leerem Pokerraum im Juni 2018

Inzwischen wird auch gegen das Management des Casinos strafrechtlich ermittelt. Es werden Buchungen von geheimen Konten überprüft und wegen Misswirtschaft ermittelt.

In den italienischen Medien redet man von einem grösseren Betrug, welcher ich jedoch auf Nachfrage nicht bestätigen kann.

Dieses Mal scheint die Sache etwas problematischer. Es betrifft 600 Angestellte vom Casino und der administrativen Verwaltung der Gemeinde, und somit auch die 1971 Einwohner in Campione. Dieser schöne Fleck mit mediterranem Flair am Luganersee ist von den Mieten nicht ganz günstig. So sind dort Wohnungen oder Häuser fast so teuer wie an der Cote d’Azur und selten unter einer Million zu haben.

Mit der Steuer- und Zolloase in Campione d’Italia für Reichen, darunter auch etwa 100 Deutsche Bürger (wie der Schauspieler Mario Adorf), ist vielleicht bald vorbei. Sie dürften bald von der Gemeinde zur Kasse gebeten werden und ohne Casino werden dann auch die Grundstückpreise purzeln. Für die einen vielleicht eine Chance, und für die anderen eher ein finanzielles Debakel.

Trotzdem hoffe auf eine baldige Wiedereröffnung des grössten europäischen Spielcasinos.

Cheers

Martin Bertschi

Casino Campione war schon im Jahr 2006 geschlossen

Es ist übrigens nicht das erste Mal, dass das Casino Campione geschlossen ist. Im Jahre 2006 wurde das „alte“ Casino am See schon einmal durch einen Mafia- und Prinzenskandal für einige Tage geschlossen.