Die Könige des Trinkgelds 2017

Schon einmal im Casino gewesen? Schon einmal gewonnen? Und schon einmal auf den gesamten Gewinn gewartet?

Ja richtig gelesen: Auf den Gewinn “warten”! Denn bei Poker, Automaten und Roulette, obwohl ich mich gegen einen direkten Vergleich scheue, gibt es einen gemeinsamen Nenner: Es wird vom Gewinn, im Casino Trinkgeld erwartet!

Obwohl zum Beispiel bei Pokerturnieren heute meistens um die fünf Prozent für die Angestellten automatisch vom Preispool abgerechnet werden, ist es vielfach an der Ordnung, noch einmal einen Tronc für die Angestellten aufzustellen. Natürlich liegt das auszuzahlende Geld in Chips, meistens genau neben dem “Danke für die Angestellten”.

Trinkgeld zu gegeben ist nicht Pflicht.

Man sollte im Casino immer rechnen. So kann es zum Beispiel sein, dass bei einem Rouletteautomaten schon standardmässig ein Stück abgezogen wird, ob man dies will oder nicht.

So kann es bei einer grösseren Auszahlung schon einmal vorkommen, dass man beim Knacken des Jackpots schon einmal in Hinterzimmer beordert wird. Dort trifft man dann meistens auf vier bis fünf grossgewachsene Casinoangestellte, welche dann freundlich bestimmt, drei bis fünf Prozent Trinkgeld vom Gewinn erwarten. Bei einem Swiss Jackpot, kann dies dann schnell einmal einen Mittelklassewagen bedeuten, welchen man direkt im Casino stehen lässt.

Obwohl ich dies selbst noch nicht in dieser Art erlebte, weil ich fast ausschließlich Poker spiele und dort für jeden gewonnen Pot gleich Trinkgeld erwartet wird, habe ich schon von Fällen gehört, wo die Polizei durch einen Spieler gerufen wurde, weil er sich weigerte, dieses Trinkgeld im Casino zu lassen. Am Ende resultierte ein Hausverbot und eine schweizweite Spielersperre.

Martin Bertschi

Als regelmässiger Pokerspieler interessiert mich, wie mein Geld im Casino weg geht. Sämtliche Ausgaben und Trinkgelder werden aufgeschrieben. So belief sich mein Höchstwert im Jahr 2009 auf 27’001 CHF. Also nichts davon gegessen, eine Jahreskarte zwar bekommen, welche mir etwa 2000 Franken an Eintrittsgelder ersparte. Dazu kam noch der Gewinn einer Rankingtabelle, bei welcher ich den WSOP Mainevent mit Reise und Hotel dazu bekam. Indirekt bezahlte ich dies ja schon mit den Turniergebühren. Aber so gab ich  damals mit jedem Gewinn eines Pokerturniers noch 3-5 Prozent für die Angestellten ab, und hatte so ein gutes Gefühl. Aber eben 27K für die Angestellten, das wurde mir dann rasant zu viel, als mich genau diese Angestellten nötigten. Seither meide ich die Schweizer Casinos.

Alle Jahre wieder:

Der Bericht der Eidgenössischen Spielbanken Kommission (ESBK)

Jährlich erscheinen für mich die Schweizer Casinofakten schlechthin: Der Bericht der Eidgenössischen Spielbankenkommission.

Leider könnte dieser Bericht noch mehr auf die Belange und die am Rande erwähnten Verbesserungen (Stichwort: Nachkontrollen) auflisten. Dann würde das Ganze sich noch mehr wie ein Krimi lesen, aber ok, wir sind in der Schweiz neutral: Dann konzentrieren wir uns auf die Zahlen.

Das Casino gewinnt immer, auch dann
wenn die Aktionäre Verlust machen.

Das Casino Ranking 2017:

zuerst die besten AHV- und Steuernzahler:

Rang
Spielbanken Abgabe Casino
Konz.
Jahresgewinn Besitzer
1
39’342’000 Montreux
A
13’095’000
Barriere (77.8%), Montreux (17.2%)
2
38’516’000 Zürich
A
4’623’000
Swisscasino (100%)
3
30’654’000 Baden
A
3’196’000
Stadtcasino Baden AG (100%)
4
29’289’701 Basel
A
7’850’252
Comp. Fin. Reg SAS (95.1%)
5
27’196’995 Meyrin
B
10’324’586
Ispar Holding SA (60%), Comp. Europ. de Casinos (40%)
6
22’881’000 Bern
A
4’641’000
Kursaal Bern (55%), Swisscasino (31.5%), Casino Austria (13.5%)
7
20’685’000 Mendrisio
B
2’523’000
Novomatic (100%)
8
16’624’000 Luzern
A
1’197’000
Kursaal Luzern AG
9
13’853’000 Lugano
A
1’298’000
Lugano (65.7%), Casino Austria (28.8%)
10
13’482’000 St. Gallen
A
3’399’000
Swisscasino (98%), SG Tourismus (2%)
11
11’894’000 Pfäffikon SZ
B
2’586’000
Swisscasino (100%)
12
9’620’000 Neuchâtel
B
2’325’000
Kursaal Bern (98%)
13
8’435’000 Locarno
B
2’200’000
Novomatic(91%), Spielbank Berlin (9%)
14
8’226’543 Bad Ragaz
B
3’218’260
Novomatic(33%), BadRagaz
15
7’588’000 Granges-Paccot
B
3’218’000
Barriere
16
5’376’000 Courrendlin
B
2’309’000
Barriere
17
4’647’000 Schaffhausen
B
-54’000
Swisscasino (100%)
18
4’342’000 Interlaken
B
504’000
Kursaal Interlaken
19
3’681’081 Crans-Montana
B
2’919’110
Partouche, Ispar, Randogne
20
708’513 St. Moritz
B
-589’050
Casinos Austria (Swiss) (100%)
21
425’000 Davos
B
-653’000
Stadtcasino Baden AG (89.7%), Davos Destinations

Mit knapp über 13 Millionen an reinem Gewinn, ist das Casino Montreux, welches mehrheitlich zur Barriere Group gehört, auch nach allen Steuern der Spitzenreiter! Mit 53,83% an Spielbankabgabe ist es auch am höchsten besteuert.

Schlusslichter sind das Casino Davos (Betreiber Stadtcasino Baden), und das Casino St. Moritz. Sie bezahlen lediglich 26,67% Spielbankenabgabe zu Gunsten AHV und ESBK. Noch tiefer wegen einer Sonderregelung im Jahr 2017, ist das Casino Crans Montana. Der Satz betrug lediglich 24,76%, und dies trotz fast 3 Millionen Gewinn.

Das Schweizer Casino Trinkgeld Ranking!

Mit dem Jahresbericht der Eidgenössischen Spielbankenkommission kommen Fakten an den Tag und somit kann man den Tronc, mit den Bruttospielertrag vergleichen und dann den Jahreslohn auf den durchschnittlichen Lohn eines voll angestellten Casinomitarbeiters runterbrechen.

Die Könige des Trinkgelds:

Ein Vergleich der Trinkgelder bezüglich des Bruttospielertrags eines Casinos kann je nach Situation stark variieren. So kann bei einer hohen Jackpotauszahlung das Trinkgeld höher ausfallen.

Auch bei der Auszahlung der Angestellten muss die Hierachie der Organisation des jeweiligen Casinos berücksichtigt werden. So erhält der Dealer welcher für den Gast die grösste Leistung bringt, fast am wenigsten. Viel mehr verdient das Management des Casinos.

So wird in Schweizer Casinos mit Teilzeitbeschäftigten (welche ebenfalls am Trinkgeld partizipieren) und Angestellten im Stundenlohn gearbeitet (welche meistens nicht vom Trinkgeld profitieren). Es kann es durchaus sein, dass ein Casino in der Tourismusgegend mehr Teilzeit- wie Vollbeschäftigte anstellt, was betriebswirtschaftlich Sinn macht.

Einfache Trinkgeldformel: Bruttospielertrag geteilt durch den ausgewiesenen Tronc

Sehr erstaunlich sind die Unterschiede der jeweiligen Casinos. So hat ein Casino 450 Prozent mehr Trinkgelder, gemessen am Bruttospielertrag eingenommen, als der Spitzenreiter.

Weil dieses Geld nicht an die Spieler ausbezahlt wird und ich immer wieder auf Konsumenten freundlichere Bedingungen “poche”, findet sich in der Rangliste “Die Könige des Trinkgelds”, der mit dem niedrigsten Wert zuoberst. Und die eigentlichen Könige des Trinkgelds finden sich am Schluss.

Rang
Casino
KO
GJeu
Slots
VZS
Personalaufwand
Durchschnittslohn
mit Tronc
Bruttospielertrag
Tronc
%Trinkgeld
1
Locarno
B
7
150
67
6’219’000
92’821
99’090
20’352’000
420’000
2.06
2
Granges-Paccot
B
4
150
57
4’306’000
75’544
82’649
19’358’000
405’000
2.09
3
Courrendlin
B
5
118
41
3’118’000
76’049
83’341
13’347’000
299’000
2.24
4
Crans-Montana
B
7
130
48
3’897’381
81’195
88’532
14’865’570
352’167
2.37
5
Luzern
A
16
257
175
16’569’000
94’680
100’211
36’877’000
968’000
2.62
6
Meyrin
B
17
205
80
8’248’460
103’106
122’748
58’204’853
1’571’401
2.70
7
Neuchâtel
B
6
150
67
5’501’000
82’104
92’299
22’787’000
683’000
3.00
8
Montreux
A
22
375
164
15’537’000
94’738
108’744
73’085’000
2’297’000
3.14
9
Bern
A
14
350
135
12’139’000
89’919
101’467
47’960’000
1’559’000
3.25
10
Bad Ragaz
B
7
144
55
4’630’130
84’184
97’300
19’892’317
721’391
3.63
11
Lugano
A
20
430
142
10’628’000
74’845
83’380
31’329’000
1’212’000
3.87
12
Basel
A
14
304
136
13’173’153
96’861
113’718
58’325’118
2’292’469
3.93
13
St. Gallen
A
10
201
78
7’399’000
94’859
110’923
30’856’000
1’253’000
4.06
14
Pfäffikon SZ
B
11
154
81
6’014’000
74’247
89’222
27’671’000
1’213’000
4.38
15
Baden
A
23
331
220
20’981’000
95’368
108’850
60’426’000
2’966’000
4.91
16
Zürich
A
22
284
169
15’922’000
94’213
117’166
71’931’000
3’879’000
5.39
17
Schaffhausen
B
8
120
52
4’485’000
86’250
98’750
11’590’000
650’000
5.61
18
Interlaken
B
5
123
37
4’063’000
109’811
127’946
10’843’000
671’000
6.19
19
Davos
B
4
65
13
1’154’000
88’769
98’846
1’593’000
131’000
8.22
20
St. Moritz
B
8
81
33
1’529’031
46’334
53’335
2’656’925
231’013
8.69
21
Mendrisio
B
22
340
178
15’499’000
87’073
111’348
46’832’000
4’321’000
9.23

Überraschend:

Erstaunlicherweise kommen das konsumentenfreundlichste und am meisten Trinkgeld einnehmende Casino, beide aus dem Kanton Tessin und werden noch vom gleichen Betrieb, der Ace Casino Holdings (einer Schwester der Novomatic Group), betrieben.

Zudem ist bei den Schlusslichtern in den Tourismusgebieten eines auffällig: Nicht alle Casinos weisen wegen den Betriebskosten ein Minus aus. So wies das Casino in Crans Montana einen Jahresgewinn von fast 3 Millionen Schweizer Franken aus, wobei die Casinos Davos und St. Moritz ein Minus ausweisen.

Auffällig ist das in der Luxusdestination St. Moritz den Vollzeitbeschäftigten die tiefsten Löhne ausbezahlt werden. Im Vergleich zu Davos ist etwas weniger als die Hälfte, obwohl das Grandjeux (sogar mit zeitweise Pokerturnieren) in St. Moritz ganzjährig betrieben wird.

Meine Trinkgeldempfehlungen für die Schweizer Casinos:

  • Servicepersonal (viele Angestellte im Stundenlohn): Hier wird bei den Getränken immer auf den nächsten Franken aufgerundet: Z.B. Preis für ein Kaffee: Fr. 4.50 wird aufgerundet auf Fr. 5.00. Fr. 4.90 schon einmal auf Fr. 6.00. Beim Essen 7.5 -15 Prozent. 
  • Pokerturniere: Bei Auszahlungen bei Pokerturnieren ist die Bemessung von Trinkgeldern am schwierigsten. Denn je nach Casino werden schon Trinkgelder für die Angestellten zusätzlich zu der Turniergebühr (Rake) stillschweigend abgezogen. Man muss auf der Turnieruhr die Auszahlungen zusammenrechnen und dann entscheiden. Bei hohem Gewinn und Einbehaltung von Trinkgeldern gebe ich maximal 100 Franken. Falls die Trinkgelder noch nicht abgerechnet sind, 2-3 Prozent vom Reingewinn.
  • Andere Casinosspiele: 0,5 -2 Prozent. Früher als ich noch Blackjack gespielt habe, habe ich den Dealer mit dem Trinkgeld oft beteiligt am nächsten Spiel. Zum Beispiel wurde ihm dann schon einmal 10 – 15 Franken ausbezahlt.
  • Automaten: Höchstens 1%. Bei Automaten hat das Casino am wenigsten Personalaufwand.

Cheers

Martin Bertschi

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