Ausweitung der Schweizer Spielersperren auf Liechtenstein

Mittlerweile sind im kleinen Ländle, dem Fürstentum Liechtenstein, sieben Casinos eröffnet. Dies nahe der Schweizer Landesgrenze, und sind so der direkte Konkurrent von Schweizer Casinos geworden. Das Ländle ist einfach und in knapp einer Stunde von Zürich zu erreichen. Und im neuen Spielparadies ist es viel günstiger als in den Schweizer Casinos mit den hohen Nebenkosten: Keine Eintritts-, Park- oder Getränkeausgaben und sonstigen unnötigen Zusatzkosten.

Kundenfreundlicher eben.

Der schweizerische Casinoverband und die verflixten Spielersperren

Dass dies dem Schweizer Casinoverband direkt ein Dorn im Auge darstellt, lässt sich erahnen. Spielerfreundlicher und dazu noch günstiger und besser, das fällt auch rasch in Bern auf. So bleibt der Verband in solchen Themen nicht untätig und sucht nach Lösungen zur Verteidigung: Mit dem Angriff auf den Souverän, das Fürstentum Liechtenstein (um es etwas reisserisch zu formulieren) .

Die Spielersperr Datenbank VETO

Mit Spielersperren welche in der VETO Datenbank des Schweizerischen Casinoverbands gespeichert werden, soll ein greifender Spielerschutz gewährleistet werden. Ja das war kein Verschreiber: Der Casinoverband betreibt diese Sperrdatenbank und nicht irgendeine Behörde. Die ESBK beaufsichtigt diese lediglich.

Eine Ausweitung der Spielersperren auf Liechtenstein ist eine Grenzüberschreitung.

Casinos Austria lehnten lachend ab

Ausweitung des Schweizer Spielerschutzes auch im Casino Austria in Bregenz? Nein danke.

Casino Austria Bregenz

Wie schon in der Vergangenheit, versuchte der schweizerische Casinoverband die Spielsperr Datenbank auf das Casino Austria in Bregenz auszuweiten. Weil damals das Gesuch von den Österreichern lachend abgelehnt wurde, wollte man es im Fall Liechtenstein besser machen. So schickte man im Mai 2021 die charmante Bundesrätin zum Staatsbesuch ins Fürstentum Liechtenstein, um im Namen des Spielerschutzes den Schweizer Casinoschutz auzuweiten.

Das neue Geldspielgesetz der neue Spielschuldentreiber?

Mit dem neuen Geldspielgesetz hat sich die exzessive Spielsucht unter den Top 5 der ruinierenden Süchte in der Schweiz platziert. Fragt man bei den Präventionsstellen nach, haben sich die Spielsüchtigen im Durchschnitt seit der Einführung über das Doppelte verschuldet.

Ein mächtiger Befürworter für dieses absehbare Schulden Dilemma, als es um die Abstimmung des neuen Geldspielgesetzes ging, war der Schweizer Casinoverband mit seinen Lobbyisten. Die Kampagne konnte nicht genug kosten und so wurden dem Schweizer Volk die Einnahmen für die AHV (die Alters- und Hinterbliebenen Vorsorge) aufs Butterbrot gestrichen. Die Zeche zahlen unfairerweise bis heute immer noch die Wohngemeinden mit ihren Sozialämtern.

11 Online Casinos in der Schweiz

Durch das zusätzliche Angebot und die fortwährende Werbung der inzwischen elf eröffneten Online-Casinos, ist der Zugang zum exzessiven Glücksspiel einfacher geworden: Hinter den anonymen Computern wird mit der Werbung die Hoffnung auf grösstmögliche Gewinne geschürt. Und weil die Medien von dieser Wirtschaft profitieren, hört man von diesem Problem ausser dieser Ausnahme nichts. Die Schlange beisst sich auch nicht selbst in den Schwanz.

Die prominiente Kämpferin über die Landesgrenzen hinaus

(im Namen des Schweizer Spielerschutzes, welcher schlechter ist als derjenige vom Fürstentum Liechtenstein)
Bundesrätin Frau Karin Keller-Sutter

Insbesondere der Casinoverband, welcher mit 18 Casino Mitgliedern den Standort Schweizer Glücksspiel gewerblich verteidigt (ausser der Swisscasinogruppe), weibelt in Bundes Bern für die Interessen Schweizer Casinos. So hat er mit der Bundesrätin, Frau Karin Keller-Sutter eine prominente Kämpferin, welche auch im grenznahen Gebiet ausserhalb der neutralen Schweiz kämpft.

Das Sperrkonzept «Gäste Rauswurf» funktioniert nicht

Wie die Zahlen seit dem Inkrafttreten des neuen Geldspielgesetzes belegen, ist genau dieser Spielerschutz der Schweizer Casinos nicht besser geworden, sondern schlimmer. Solange die Spielbanken ihre besten Kunden sperren sollen, funktioniert dies aus meiner Sicht nicht.

Die meisten Sperren werden bis heute nicht von den Casinos selbst ausgesprochen, sondern sind auf freiwilliger Basis eingeleitet. So sind auch dort die Gründe unterschiedlich: Einige ärgern sich direkt über einen hohen Verlust und reichen gleich eine Selbstsperre ein, und die anderen beklagen sich über den mangelnden Service und das Angebot und protestieren mit der Sperre damit, dass die Schweizer Casinos keinen Franken mehr von ihnen bekommen sollen.

Auch Pokerspieler liessen sich aus Protest wegen dem Pokerverbot 2010, in den Schweizer Casinos selber sperren.

Damals im Jahre 2010 mit dem Urteil gegen Raffi Bettio, wurde vom Casinoverband als Kläger ein Pokerturnier Verbot erwirkt. Aufgrund der mangelnden Versprechen betreffend der Pokerangebote in den Schweizer Casinos, sperrten sich viele Pokerspieler aus Protest selbst in der Schweiz.

Mit der möglichen Ausweitung der VETO-Sperrdatenbank auf Liechtenstein würde vielen Pokerspielern, welche jetzt im grenznahen Ausland spielen, der Zugang verwehrt.

Raffael Bettio – die Geschichte zu den Pokerturnieren 2007 bis 2010

Raffael Bettio 2010

Raffael Bettio

Raffael Bettio wurde 2006 als erster eine Bewilligung für Pokerturniere ausserhalb der Casinos bei der ESBK erteilt. Danach erliess diese Behörde Folgebewilligungen und so konnte in der Schweiz 2007 – 2010 in der Schweiz ausserhalb Turnierpoker bis zu einem Buy-in von 500 Franken gespielt werden.

Der Casinoverband klagte gegen diesen Entscheid und erwirkte mit einer alten Studie aus Deutschland den Beweis des Glücksspiels ein Pokerverbot. Über 20 Pokerclubs mussten darauf vom einen auf den anderen Tag im Jahr 2010 schliessen.

Datenschutz VETO-Spielersperr Datenbank

Die Frage stellt sich jedoch auch rechtlich: Kann der Schweizer Casinoverband, welcher durch die Mitglieder klar gewerbliche Standortvorteile verfolgt, sich über die Landesgrenzen mit einem Zollabkommen betätigen und Spielersperren ausweiten?

Wenn man ebenfalls über die Grenzen der Europäische Union guckt, sind dort sämtliche Glücksspiele innerhalb des jeweiligen Landes oder sogar Bundesländer geregelt.

Bisher ist noch kein Datenaustausch innerhalb der Europäischen Union bezüglich sensibler Daten, wie Spielsperren bekannt, welche das jeweilige Land verlassen. Die Staaten in der EU halten sich betreffend den Datenschutz, an die Grenzlinien.

Das Fürstentum Liechtenstein ist EWR Mitglied und hat seit 2019 ein an das Schengen Abkommen angepasstes Datenschutzgesetz. Es gilt also die EU-DSGVO in der EWR Version.

Die Schweiz hat das Schengen Abkommen mit den bilateralen Verträgen ebenfalls unterschrieben und muss ihr Datenschutzgesetz (DSG) bis zum Jahr 2025 an die EU-DSGVO angleichen bzw. ratifizieren.

Datenschutz CH-EU-EWR-FL

EUDSVGO

Falls man die Vetodatenbank mit einem Zollabkommen auf Liechtenstein ausweitet, beisst sich dies meiner Meinung nach mit dem europäischen Datenschutz.

Mögliche relevante Artikel der EU-DSGVO EWR Version

Der Betreiber der Veto Sperrdatenbank muss ein Datenschutzfolge Abschätzung vorgängig liefern. So wird zum Beispiel bei Missbräuchen die Schwere und Folgen abgeschätzt.

Mit der Datenbank Zertifizierung werden die Datensicherheit durch einen Dritten überprüft. (Stichwort Gütesiegel)

Solange die Schweiz das Schengen Abkommen nicht ins Schweizer Datenschutz aufnimmt, darf Liechtenstein keine Daten empfangen

Internationale Abkommen können auch ausserhalb der EU-DSVGO beschlossen werden. Ob dies auch für «Schengen Staaten» gilt, welche sich an den EU-DSGVO Datenschutz halten müssen, muss noch speziell abgeklärt werden.

Dieser Artikel gilt vor allem für den Austausch von Gesundheitsdaten z.B. bei Pandemien. Mit dem Ausschluss kann die EU-Kommission jedoch einen Sektorenaustausch im Falle von Spielersperrdaten anordnen.

Insbesondere relevant ist der Art 101 EU_DSGVO. Dieser kann jedoch mit Art 102 EU_DSGVO völkerrechtlich ausgehebelt werden und darum ist es möglich, dass der Spielerschutz vielleicht doch europäisch ausgeweitet werden kann. Ausser die Österreicher lachen wieder den Schweizer Casinoverband aus.

Datenschutz Knackpunkt: Freiwillig gesperrte Spieler

Nun sind da noch die freiwilligen Spielsperren. Hierfür sind meiner Meinung die angegebenen Gründe bei der Sperre wesentlich: So sollten Pokerspieler, welche sich aus Protest zum Pokerverbot 2010 sperren liessen, anders behandelt werden, als ein Roulette Spieler, welcher sein Geld an einem Abend im Casino verspielte und dies nie mehr erleben will.

Ausser er fährt nach Konstanz, Bregenz, Lindau, Blotzheim oder sonst wo ins grenznahe Ausland, wo er das ohne Gegenfragen tun kann.

So ist gerade im Grandcasino Liechtenstein ein Poker Hotspot geschaffen worden, welcher grosse Pokerturniere und unterschiedliche Cashgames anbietet. Deshalb ist diese Ausweitung der Sperrdatenbank auf Liechtenstein für viele Pokerspieler ein negativer Faktor.

Eine Entsperrung aus der VETO- Spielersperren Datenbank wäre zwar für viele gesperrten Pokerspieler machbar, jedoch nur mit einem Prüfverfahren, welches ein psychologisches Gespräch und die Offenlegung der Finanzen, mit sich bringt.

Besserer Spielerschutz in Liechtenstein

Im Fürstentum Liechtenstein sind mittlerweile sieben Casinos eröffnet. Auch dort gibt es einen Spielerschutz, welcher nach meiner Meinung besser greift. So werden Spieler, welche innerhalb des Fürstentums in verschiedene Casinos eintreten, zentral gespeichert. Ab zwölf Besuchen pro Monat stehen sie unter Beobachtung und werden vielleicht dann mal zu einem Small Talk über ihre Finanzen befragt.

In der Schweiz mit ihrer Casinodichte von 21 Casinos und 11 Onlinecasinos registriert man nur pro Casino und ein Wechselbesuch (Casino Hopping) zwischen verschiedenen Glücksspielhäusern bleibt unbemerkt.

Wie ich in Gesprächen mit Vertretern aus Behörden und aus der Casinowelt in Liechtenstein gehört habe, ist man im Fürstentum nicht abgeneigt, die von den Schweizer Casinos angeordneten Sperren zu übernehmen. An den freiwillig gesperrten Spielern habe man eher kein Interesse.

Moralisch will man im Fürstentum Liechtenstein viel für den Spielerschutz tun. Ob es dann Datenschutzrechtlich passt ist eine andere Frage.

Die Politiker sind gefordert

Leider ist bisher über den Gesetzestext und den Wortlaut bisher nichts bekannt, was unüblich ist. Hier könnte der schweizerische Casinoverband etwas mehr mit offenen Karten spielen.

Ob die freiwillig gesperrten Pokerspieler hier eine Sonderbehandlung erhalten, ist unwahrscheinlich.

Momentan wird dieses Zollabkommen noch diesen Herbst in den Parlamenten beraten und muss verabschiedet werden. Die Frage welche sich die Politiker gefallen lassen müssen:

  • Dürfen sensible Daten, welche gewerblich (vom schweizerischen Casinoverband) verwaltet werden, das Land verlassen?
  • Wie steht es um die persönlichen Rechte der freiwillig gesperrten Spieler, gemäss des europäischen Datenschutzes (das Recht auf Löschung)?
  • Wie wird mit der Ausweitung der VETO-Spielsperrdatenbank hinsichtlich sensibler Datenverstösse aus dem Fürstentum Liechtenstein aus Schweizer Sicht agiert?

Momentan ist das ratifizierte Datenschutzgesetz in Liechtenstein mit dem schweizerischen Datenschutzgesetz nicht gleichwertig.

Zuerst sollte also eine Schweizer Anpassung auf den Datenschutz erfolgen, bevor man die Daten austauscht. Auch ist es nicht klar, ob mit der Einführung des EU-DSGVO-Datenschutzes in der Schweiz, die freiwillig gesperrten Spieler ein Recht auf Löschung bekommen.

Meiner Meinung nach könnte hier ein Stein ins Rollen bezüglich europäischem Spielerschutzes gebracht werden. So lange jedoch die Casinos die Daten der Spielsperren in der Hand haben, ist ein effektiver Spielerschutz unmöglich.

Meinen Vorschlag zum Spielschutz habe ich vor Jahren schon einmal publiziert, und ich stehe heute noch dahinter. Hier findest Du meinen Vorschlag.


Ich bleibe an diesem Thema dran.

Cheers

Martin Bertschi